Lumpi irgendwo in Lateinamerika

ja

Mittwoch, 25. Januar 2012

Eine kleine Geschichte:

1.) Heute komme ich durch den Haupteingang, hat sich tatsaechlich eine Schafherde ins Gefaengnis verirrt, die friedlich auf dem Vorhof graste. Hat aber niemanden gestoert.
2.) Kurz, wies in meinem “Buero” ausschaut. Ich sitze mit einer Psychologin und einer Anwaeltin in einem staubigen, grossen gelb gestrichenen Raum innerhalb des Trakts. Die Sonne scheint durch vergitterte Fenster, aus dem Radio toent Roxette und an jedem Tisch wird gelacht, geweint und /oder gestritten. Also, es geht turbulent zu.
Ich hatte heute ein Gespraech mit einer Insassin, die wie viele andere hier wegen Mordes angeklagt ist. Eigentlich war es meiner Meinung nach fahrlaessige Toetung, aber da wird nicht gross unterschieden. Sie setzt sich mir gegenueber, eine fesche Frau Anfang 30, seit ueber 7 Jahren hier.
Ich frage, warum sie hier ist. Sie hat mit einer Freundin Touristen aufgerissen, sie unter Drogen gesetzt und anschliessend ausgeraubt. Das Pech war, dass einer einmal bewusstlos in eine Lacke gerollt ist und dort verendet ist. Ich frage sie, wieviele Gringos sie so ausgenommen hat. Ihr Laecheln wird immer breiter und nach ein bissl positiver Verstaerkung kam die unglaublich Zahl von 3-400. Ganz schön fleißig.
Ich sehe so in ihr froehliches Gesicht, spuere fast schon eine Bewusstlosigkeit in mir aufsteigen und denke mir, genau das war das letzte, was die armen Touris an einem Samstag abend gesehen haben, fuer einen gar das allerletzte.

3.) Exkurs: meine taegliche Busfahrt

Je nach Stimmung, Musikgeschmack und Gemuetslage des Fahrers reichen die Fahrten in die Arbeit von Bachata Liebes-Schunkelfahrten bis Reggaeton-Hoellenritten. So variiert auch die Dauer meines Arbeitsweges (50min-70min), aber es wird eh keine Pünktlichkeit erwartet.
Auch im Verkehr gilt: Verlass Dich nie auf Regeln, sondern nur auf Deine Intuition. Mit einem Urvertrauen und Angstfreiheit lassen sich die Busse in hohem Tempo in voll befahrene Strassen und es geht doch immer gut (bis jetzt), es wird staendig gehupt und kommuniziert, eher als Zeichen, dass man auch im Verkehr existiert, aber ich habe noch niemanden wuetend werden gesehen.
Gewoehnungsbeduerftig ist anfangs, dass der Bus nicht stehenbleibt, wenn man ein oder aussteigen moechte, sondern das- wieder mal je nach Stimmung des Fahrers – bei hoeherem oder niedrigerem Tempo passiert.
Harte Lektion: immer mit dem Aussenfuss zuerst aufkommen beim Rausspringen…

Jetzt am Nachmittag hab ich frei, weil alle streiken. Ich geh zuerst Cuy (Meerschweinchen, das ist die hiesige Spezialität und bis jetzt konnte ich mich noch drücken) essen, dann bin ich eingeladen vom Leiter des Sozialprojekts (sowas wie ein SOS-Kinderdorf), den Kindern Geschichten aus dem Gefängnis zu erzählen. Ich freu mich schon...

Inzwischen überlege ich mir, doch den Wasserkocher zu kaufen, da ich schon einen Vollbart habe...

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